Langschlag
Am Dienstag
kurz vor 16:30 Uhr haben wir Trosa verlassen. Zuerst wollte Peter in Trosa bei
der Tankstelle den einen Dieseltank auffüllen (Amelia hat zwei von ca. 350 l),
wir blieben aber auf halber Strecke vom Hafenplatz zur Tankstelle im Sand
stecken. Das zeigt, dass unsere Tiefenanzeige stimmt, bei 1.9 m wirbelte der
Sand herauf und wir strichen diese Übung.
Wir haben
lange diskutiert, wohin die Reise gehen soll. Am Montag als Peter die
Wetterdaten vom Netz holte, meinte er nur, dass bis Donnerstag ein guter
Wind sei, um nach Westen zu segeln.
Danach fällt er zusammen. Da sollten wir dieses Zeitfenster ausnützen. Mir war
eher nach zwei Nächten in Trosa bleiben um die Umgebung joggend oder mit dem
Klappvelo noch etwas zu erkunden, was ich aber selber weiss ist, dass man den
Wind ausnützen soll, solange dieser gut da ist.
Am
Dienstagmorgen holten wir nochmals die Wetterdaten und dem Skipper war auf
einmal zum Schwedenschären Südosten noch erkunden. Was ist da mit dem Wind und
segeln?
Wir
erfassten in unserem WetterWelt Programm die verschiedensten Streckenpläne um
zu sehen, wie das nun aussieht mit diesen Wetterdaten auf der Strecke. In
diesem Wettertool wird alles hochgerechnet und wie das Wetter dann auf der
eingegebenen Route sein wird. Wind - und Böenstärke, Windrichtung, Wellenhöhe,
genauer Ort, absolvierte Seemeilen, Wettersymbole (Regen, Sonne, bewölkt..),
Temperatur, wenn die Angaben in rot erscheinen, dann steht motoren an. Das ist
in etwa dann auf unserem Streckenwetterbericht ersichtlich.
Für einen
Langschlag standen: Byxelkrok, Kalmar, Sandhamn (Südenosten Schweden), Ronne
Borgholm, Klintholm (Dänemark)
Wir haben
uns entschlossen, dass wir nochmals nach Ronne segeln und falls unsere Kräfte
vorher am Ende sein sollten oder der Wind nicht mehr stimmt, dann werden wir
ein früheres Ziel anlaufen.
Teil 1
Unser
Langschlag ist nun so eingeplant, dass wir Ystad in Südschweden ansteuern. Es
ist jetzt Mittwochabend 22:10 Uhr und ich habe Wache. Auf der Steuerbordseite
ist die Abendstimmung nach dem Sonnenuntergang in orange Tönen mit der
beleuchteten Mondsichel, einem Frachter in weiter Ferne und die
hellbeleuchtete StenaLine Fähre wird uns
in ca. 7 Min., ungefähr 800 m vor unserer Nase vorbei fahren. Auf der Backbordseite
ist es dunkel, obwohl gerade eben noch heftiger Frachtverkehr durchgefahren
ist. Die Verkehrsstrasse der Frachter, wenn ich die AIS Signale auf dem
Raymarine Plotter ansehe, werden bald neue Frachter, Fähren und
Kreuzfahrtschiffe an uns vorbei ziehen. Der Wind hat etwas nachgelassen es geht
gut zum Schreiben, kein grosses Geschaukel. Ich werde nun so lange schreiben,
wie es geht.
Ystad
werden wir am Donnerstag um den Mittag oder ja nach Wind erst am Nachmittag anlaufen.
Unser WetterWelt Streckenwetterplan haben wir für Ronne ausgedruckt. Bis jetzt
haben wir 187 Seemeilen hinter uns. Durch die Nacht wechseln wir uns mit dem
Schlafen ab. So bekommt jeder, sofern man kann, etwas zum Schlafen.
Wenn wir
in Ystad sind, werden wir die Wetterdaten wieder prüfen, denn soll der Wind in
den kommenden Tagen nachlassen und wenn er da ist, wird er von der falschen
Seite blasen.
Wir werden
uns dann zuerst mal etwas von diesen knapp 2 Tagen segeln am Stück erholen.
Dänemarks Inselwelt und die Schären von Westschweden wollen wir noch geniessen,
bevor es zurück zur Vindö Marina geht. Vor einem Jahr waren wir im gleichen
Gebiet auch unterwegs, aber deutlich bei wärmeren Temperaturen. Unsere Hoffnung
ist natürlich da, dass wir für die letzten Wochen die Wärme bis zu uns kommen
wird.
Aufgefallen und
Vergleiche
Egal ob
Estland, Finnland, Aland oder Schweden überall sprechen die Einheimischen von
kaltem Sommer. In Finnland sprachen sie, dass das Wetter, welches wir im Juli
hatten, Juni Wetter sei und dass man hoffe, der August bringe die
Sommertemperaturen vom Juli.
Wenn die
Nacht zum Tage wird, das ist in Estland, Finnland und Aland sehr gut zu spüren
gewesen. Bis Mitternacht war es hell und man konnte noch ohne Licht lesen.
Dunkel wurde es nie richtig, denn bereits kurz nach 2:30 Uhr hellte der Himmel
wieder auf und die Sonne ging auf. Lange Tage, bei denen man nicht so ins Bett
gehen will. Als wir am Samstag Aland verlassen haben und in unserer Ankerbucht
vor Trosa ankamen, merkten wir sichtlich, dass die Tage nur wenig südlich,
kürzer sind und die Nacht früher da ist. Mit der Schweiz kann man dies aber
noch lange nicht vergleichen.
Was uns
aufgefallen ist, ist die Trockenheit auf Schwedens Ostseite, welche uns bei der
Anfahrt nach Trosa bereits an den herbstfarbenen Blättern der Bäume uns erahnen
liess. Der Spaziergang auf der Ankerbuchtinsel bestätigte es. Die Heidelbeeren
sind so vertrocknet, wenn es überhaupt Beeren an den Stauden hat. Vieles sah
halb verdorrt aus. In Trosa selber waren viele Rosenbüsche, Stockrosen richtig
verstaubt von den Sandwegen. Vertrocknete braune Rasenflächen und Caharina
sagte uns, dass ein Verbot aufgestellt wurde, den Rasen zu bewässern oder sonst
Trinkwasser zu verschwenden. Das Grundwasser sei arg knapp, denn im Winter
hätte es kaum Schnee gegeben und nun schon länger auch keinen Regen.
Die
Seekarten sind in Aland / Finnland noch nicht alle vermessen, da gibt es noch
viele Stellen, welche einfach schraffiert auf der Karte angezeigt werden. Die
Schwedenkarten sind viel genauer, als die Aland / Finnlandkarten, was die
Tiefenbezeichnungen angehen.
Wassertemperatur
ist natürlich in Aland, Finnland kühl, aber sichtlich klar. Letztes Jahr hatten
wir in Schweden häufig Quallen. Auf der Fahrt von Aland nach Schweden sah das
Wasser unreiner aus, viele winzig kleine Partikel schwammen herum.
Egal
welches Land wir besucht haben, die Freundlichkeit hier oben ist überall zu
spüren. Der Norden ist immer eine Reise wert. Naturliebenden kann es schwer
fallen, wohin man gehen soll. Die Auswahl und die Vielseitigkeit ist enorm
gross.
Jetzt kommt noch
unsere Schockgeschichte aus Alands Schärenwelt
Wir waren
im Fahrwasser von Aland unterwegs. Viele kleine Inselchen zuerst nur steinig
und immer mehr auch mit wenig bis vielen Bäumen. Das Fahrwasser schlängelte
sich durch die Inseln durch und war nicht betont oder nur dann, wenn es
wirklich sehr untief wurde. Peter hatte wie bis gewohnt die Route auf dem
Kartenplotter mit Wegpunkten eingegeben. Manchmal fuhren wir nach Routentrack
von Wegpunkt zu Wegpunkt und manchmal per Autopilot oder von Hand gesteuert. In
solchen Fahrwassern sind wir meistens unter Motor unterwegs, so auch an diesem
Tag. Anfangs war das Wetter blau, als wir in Utö abgefahren sind, dann in
Alands Fahrwasser wurde es trüb und nass, dann wieder blau und schön.
Ich machte
uns ein Knapperplättli mit Käse, Salami, Gurken etc. und wir sassen an Deck und
alles war gut.
Auf einmal
schossen, wie Peter sie nennte: die Bösen im James Bond Film, 4 Jetski
Fahrer/in in super Tempo an uns vorbei. Weit vor uns sah man ein Segelboot,
welches von einem anderen, betonten Fahrwasser segelnd in unserem Fahrwasser
dahingleitete. Ein anderes Segelboot kam von Vorne uns entgegen, wir kreuzten
uns und ich schaute dem Finnenboot noch nach, denn diese bogen in dieses andere
Fahrwasser ab. Mit dem Plättli in der Hand schaute ich auf der Karte, wohin
dieses Fahrwasser geht und da gab es einen Knall und noch einen. Wir sind mit
ca. 5.5 Knoten Fahrt auf einen Fels gefahren. Weshalb und wieso, das weiss
selbst Peter nicht mehr. Auf alle Fälle ist es so, dass wir einen Quadranten
auf der falschen Seite passiert haben. (ein Quadrant steht immer am Ender der
untiefen Stelle, Süd-, Ost-, Nord- , oder Westquardrant)
Peter
konnte Amelia sofort befreien und schaute noch lange diesen Quadranten an. Aber
der Fehler ist auf unserer Seite zu suchen. Ob Peter diesen Quadranten auf Grund
des Gegenverkehrs mit dem finnischen Boot nicht gesehen hat oder weiss ich was.
Der Schlag war so heftig, dass mir mein Plättli aus der Hand geflogen ist. Das
Schälchen mit den Oliven flog sogar über Bord.
Nach
diesem Aufprall sollte ich das Steuer übernehmen und weiterfahren, während dem
Peter unten alles kontrollierte ob kein Wasser ins Boot eingebrochen ist.
Das
finnische Boot hat sogar gestoppt und das Boot gewendet, obwohl sie bereits ca.
100 m weiter waren. Der Knall war in dem Fall auch bei ihnen hörbar gewesen.
Langsam
und recht ängstlich fuhr ich weiter, Peter war auch blass und still. Er konnte
aber Entwarnung von Wassereinbruch geben, als er wieder zurück an Deck kam.
Als wir in
der Sandvik Hafebucht vor Anker lagen montierte Peter seinen Shorty mit der
Kette, tauchte runter und prüfte Amelias Unterschiff. Amelia ist so gut gebaut
und hat bis auf eine ca. Faustgrosse Beule im Bleikiel alles gut überlebt. Was
wir unabhängig voneinander festgestellt haben ist, dass der Mast komische
Geräusche macht. Es kann gut möglich sein, dass er durch den Schlag nicht mehr
so steht wie er stehen soll.
Nichts
passiert, aber der Schock sass noch lange tief in den Knochen. Es ist und
bleibt so, beim Segeln muss man immer konzentriert sein, wenn man in den Fahrwassern
oder sonst zwischen den Inseln unterwegs ist mit all den vielen Untiefen,
Inseln etc.. Von Auge sieht man nur Wasser, aber den Untergrund kennt man
nicht. Wie bei den Eisbergen, die Spitze ragt aus dem Wasser, aber unterhalb
der Wasserlinie kann sich der eisige Berg weit ausdehnen.
Langschlag Teil 2
Die
letzten Zeilen habe ich um 23.40 Uhr geschrieben. Draussen war es auf der
Verkehrsstrasse immer wieder interessant was da an uns vorbeizog. Immer wieder
schaute ich mal die AIS Signale der Schiffe an. Ein hell beleuchtetes
Kreuzfahrtschiff sieht schon noch sehr schön aus in der dunklen Nacht. Der
Himmel war voll mit Sternen bestückt. Der grosse Wagen gleich oberhalb von uns.
Einen solchen Nachthimmel haben wir während all unseren Nachtschlägen keine
gehabt, da eben die Nacht bald zum Tag wechselte und nur vereinzelt Sterne
sichtbar waren.
Kurz vor 1
Uhr weckte ich Peter, denn der Wind liess weiter nach und das Grosssegel war
noch geräfft. So haben wir das Grosssegel ganz ausgelassen. Als ich kurz danach
schlafen ging, hatten wir gerade 200 Seemeilen auf unserem Logstand seit dem
Start in Trosa. Um 5 Uhr erwachte ich und so war Peter wieder an der Reihe mit
schlafen. Ich machte mir eine Kanne Tee und ass etwas Käse, Brot und als
Dessert einen saftigen Apfel.
In der
Nacht davor hatte ich eher Probleme mit dem Magen, denn der Kurs war recht
schauklig und windig. Peter war da nach einer Wachablösung am Kaugummi kauen
gegen Übelkeit. Es kann jeden treffen und wie wir herausgefunden haben, muss
jeder für sich schauen mit dem Essen. Auf einem Nachtschlag mit der Müdigkeit
in den Gliedern reagiert jeder Körper anders.
Heute um 8
Uhr stand Peter auf und da der Wind so stark nachgelassen hatte, sind wir seit
8:30 Uhr mit Motorantrieb unterwegs. Unser aktueller Logstand 243.3 Seemeilen,
bis zum Ziel in Ystad sind es noch ca. 22 Seemeilen, was eine Zeit von 3.5-4
Stunden bedeutet.
Aktuell von unterwegs 10:20 Uhr, Südschweden, senden wir sonnig leicht bewölkte Grüsse!
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